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Österreichische Ärztekammer: Ruf nach ärztlicher Zwangsverpflichtung im ÖVP-Regierungsprogramm ist Realitätsverweigerung
ÖÄK lehnt Berufspflicht für ausgebildete Ärztinnen und Ärzte in Österreich erneut ab und fordert stattdessen verstärkte Anreize.
Mit Unverständnis reagiert die Österreichische Ärztekammer (ÖÄK) auf die im nun vorliegenden ÖVP-Regierungsprogramm gestellte Forderung nach einer Berufspflicht für ausgebildete Ärztinnen und Ärzte in Österreich. „Das ist der völlig falsche Weg und wird nichts bringen. Das haben wir bereits mehrfach betont, auch als diese Pläne erstmals publik gemacht wurden. Zwang und Berufspflichten verschärfen die aktuellen Probleme nur und bescheren Österreich einen klaren Wettbewerbsnachteil im internationalen Wettstreit um die besten Köpfe für unsere medizinische Versorgung“, unterstreicht ÖÄK-Präsident Johannes Steinhart. „Es ist unverständlich, dass die Politik nicht auf uns hört und lieber Luftschlösser baut.“
Steinhart verweist auch erneut auf das Gutachten des Medizinrecht-Experten Karl Stöger, der in einem Gutachten zur Berufspflicht zu dem Schluss kommt, dass diese nicht nur verfassungswidrig, sondern auch unionsrechtswidrig sei. „Notwendig sind bessere Anreize, damit Ärztinnen und Ärzte wieder gerne im öffentlichen Gesundheitssystem arbeiten – anders wird es nicht gehen“, unterstreicht Steinhart.
Harald Mayer, ÖÄK-Vizepräsident und Obmann der Bundeskurie angestellte Ärzte, veranschaulicht angesichts der aktuellen Situation die Absurdität der ÖVP-Idee: „Die Berufspflicht ist geradezu ein Witz und eine totale Realitätsverweigerung, wenn man weiß, dass die angehenden Jungärztinnen und -ärzte bis zu eineinhalb Jahre auf einen Ausbildungsplatz in einem öffentlichen Spital warten. Das könnte man dann schon eher als postpromotionelles Berufsverbot bezeichnen.“
Wenn die ÖVP das Berufsverbot in der neuen Legislaturperiode nach der Nationalratswahl in drei Wochen tatsächlich verwirklichen wolle, „wären – einmal abgesehen von den rechtlichen Problemen - unsere Nachwuchsprobleme auf Jahrzehnte hin zementiert und eine Massen-Abwanderung von Ärzten garantiert“, warnt Mayer, der ebenfalls statt Zwang und Druck lieber Anreize einfordert: „Es ist im Interesse aller – insbesondere der Patienten und Ärzte – dass ausreichend Mediziner in Österreich tätig sind. Es muss aber anders angesetzt werden: allen voran die notwendige Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Ärztinnen und Ärzte mit flexiblen Arbeitszeitmodellen, der längst überfällige Bürokratieabbau sowie die Investition in die wichtigste Ressource im Gesundheitssystem, ins Personal – egal ob in Ärzteschaft oder Pflege. Das alles fordern wir seit Jahren als geeignetste Maßnahmen. Ein ganz wichtiger Punkt ist auch die Ausbildung: Den Jungärztinnen und Jungärzten müssen wir die beste Ausbildung in ganz Europa anbieten – dann werden sie gerne in Österreich bleiben bzw. sogar aus dem Ausland zu uns kommen.“
Wie es um die ärztliche Ausbildung in Österreich aktuell steht, das zeigt die Bundeskurie angestellte Ärzte übrigens am kommenden Mittwoch (11.9., 10 Uhr, Weihburggasse 10-12) bei einer Pressekonferenz. Dort werden die Ergebnisse der Ausbildungsevaluierung 2024 präsentiert.
Gemeinsam das solidarische Gesundheitssystem stärken
Zusammenfassend betonten Steinhart und Mayer: „Die Politik ist gut beraten, damit aufzuhören, von den eigenen Versäumnissen der vergangenen Jahre abzulenken, und sollte sich lieber mit uns Ärztinnen und Ärzten zusammensetzen, um gemeinsam konstruktiv daran zu arbeiten, unser solidarisches Gesundheitssystem zukunftssicher zu machen. Wir stehen dafür jederzeit bereit.“
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