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null Steinhart: ÖGK hat in der Corona-Krise bisher völlig versagt

Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte hielten trotz existenzbedrohenden Patientenrückgangs Ordinationen offen – Ärztekammer fordert Ausgleichszahlungen durch ÖGK

Mit Verwunderung reagiert Johannes Steinhart, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer und Obmann der Bundeskurie niedergelassene Ärzte, auf die Aussendung der Österreichischen Gesundheitskasse über ihre Leistungen während der Corona-Krise: „Dass die ÖGK ihren Vertragspartnern ausreichend Liquidität zusichert, ist für mich eine Null-Meldung, weil Acontierungsregeln der Honorare seit Jahrzehnten vereinbart sind, denn die Kassen brauchen monatelang zum Abrechnen. Sonst hat die ÖGK während der Krise aber leider nichts geliefert und es fehlt jegliche Bereitschaft, die Ärzteschaft für die Verluste zu entschädigen.“
 
Die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte wurden von der Kasse völlig im Stich gelassen. Bei der Versorgung der Ordinationen mit ausreichend Schutzausrüstung hat die ÖGK viel zu wenig organisiert. Die Ärztekammern haben gemeinsam mit den Bundesländern und privaten Spendern dafür gesorgt, dass die Ordinationen auch in der Krisenzeit offengehalten werden konnten. Steinhart: „Und das bei einem um bis zu 90 Prozent geringerem Patientenaufkommen, was zu existenzbedrohenden Umsatzeinbrüchen bei vielen Kassenärztinnen und -ärzten geführt hat. Da erwarte ich konkrete Aussagen der ÖGK zu Ausgleichszahlungen an die betroffenen Ärztinnen und Ärzte, die während der Krise ihre Ordinationen geöffnet hielten und auch das Ordinationspersonal weiter beschäftigten - und nicht leere Worthülsen.“

Klare Worte und Unterstützung gefordert

„Besonders bedauerlich ist es, wenn die ÖGK nicht einmal bereit ist, öffentlich die Forderung der Vertragsärzteschaft, die ihnen seit Wochen bekannt ist, bei der Bundesregierung zu unterstützen - hier würden wir uns klare Worte und Unterstützung der Vertragspartner wünschen“, sagt Steinhart, der betont: „Ordinationen können nicht mit anderen Berufsgruppen in einen Topf geworfen werden, weil wir nicht zusperren konnten. Über 90 Prozent der Kassenärztinnen und -ärzte hatten geöffnet und haben mit hohem persönlichen Einsatz die niedergelassene Gesundheitsversorgung aufrechterhalten.“
 
Dass sich die Kasse jetzt die Möglichkeit von telemedizinischen Leistungen durch niedergelassene Ärztinnen und Ärzte auf ihre Fahnen schreibt, sei auch lächerlich, „denn das, was wir haben, ist für die Pandemie viel zu wenig und bis jetzt hat sich die ÖGK geweigert, sinnvolle neue telemedizinische Leistungen und ein umfangreiches Tarifmodell für Telemedizin zu schaffen“, so Steinhart.

„Das elektronische Rezept funktioniert wirklich gut; aber wir hören von der Sozialversicherung, dass man das wieder abschaffen will und durch ein bürokratisches und teures E-Rezept ersetzen will“, sagt der ÖÄK-Vizepräsident: „Dafür fehlt in der Ärzteschaft jegliches Verständnis; sinnvoller wäre es, das inzwischen bei Ärzten und Patienten funktionierende System weiterzuentwickeln.“

Lange Liste der Versäumnisse

Dazu gibt es für die ÖGK noch eine Menge offener Punkte abzuarbeiten. „Die Liste der Versäumnisse ist beachtlich lang“, sagt Steinhart: „Nach zwei Monaten gibt es immer noch keinerlei Aktivitäten in Bezug auf die Forderung nach mehr Kassenplanstellen, ein fix-fertiges Kinderzentrum mit 56 Wochenstunden Versorgung im 22. Wiener Bezirk wird seit Monaten von der ÖGK verschleppt und Labors haben nach wie vor keine Rahmenbedingungen, um Testungen mit der ÖGK abzurechnen“, nennt Steinhart nur einige Beispiele. „Ich möchte die Verantwortlichen auffordern, endlich aufzuwachen und ihre Verantwortung für die Gesundheitsversorgung in Österreich zu wahrzunehmen.“