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null Coronapandemie: Ärzteorganisationen fordern wissenschaftlich fundierte Bestandsaufnahme

Deutschsprachige Ärzteorganisationen, darunter die Österreichische Ärztekammer, fordern umfängliche Pandemiepläne, sachliche Fehleranalysen und notwendige Langzeitstudien.

Beim heurigen Treffen der deutschsprachigen Ärzteorganisationen in Wien, mit Vertretern aus Deutschland, Österreich, Schweiz, Südtirol und Luxemburg, die gemeinsam mehr als 500.000 Ärztinnen und Ärzte repräsentieren, wurde ausführlich über die COVID-19-Pandemie und die öffentliche Gesundheitsversorgung diskutiert. Viele Herausforderungen verliefen in den Ländern ähnlich und es wurde übereinstimmend folgendes Positionspapier verabschiedet:
 
Pandemien werden in kürzeren Abständen auftreten und sich in einer globalisierten Welt schneller denn je ausbreiten. Die Politik ist deshalb aufgefordert, aus der Corona-Pandemie die Lehre zu ziehen, umfängliche Pandemiepläne zu entwickeln und auch regelmäßig zu testen. Grundlage sollte eine sachliche Fehleranalyse in allen Ländern sein: Welche Strukturen haben sich bewährt, welche Maßnahmen waren erfolgreich und welche Defizite sind offensichtlich geworden? Diese Leitfragen sollten Grundlage für die Entwicklung von Pandemieplänen sein, wie auch für notwendige Langzeitstudien. Zudem muss die Verknüpfung von Impfdaten mit den Daten zu den COVID-Erkrankungen erfolgen, um Impfdurchbrüche zeitnah zu erkennen und entsprechende Anpassungen bei Impfstoffen rasch umzusetzen. Die anonymisierte Verknüpfung von Medikamentendaten mit Daten zu Erkrankungen kann helfen, rasch Medikamente zu identifizieren, die eine Genesung unterstützen. Politisches Handeln in der Pandemie braucht anders als bisher eine breite, gesicherte wissenschaftliche Basis. Die Zusammenarbeit zwischen Vertretern der Ärzteschaft und politischen Entscheidungsträgern ist dabei zentral, denn nur so kann wissenschaftliche Expertise in den gesellschaftspolitischen Diskurs eingebracht werden.
 
Ebenso ist es essenziell, über Studien aufzuzeigen, welche Langzeitfolgen und Auswirkungen auf den Gesundheitszustand der Bevölkerung aufgetreten sind – auf physischer ebenso wie auf psychischer und sozialer Ebene. Die Ärzteorganisationen warnen vor langfristigen, gravierenden Kollateraleffekten infolge sozialer Isolation; diese Folgen gilt es insbesondere für Kinder wie für ältere Menschen genauestens zu analysieren.
 
Nur eine wissenschaftlich fundierte Bestandsaufnahme mit detaillierter Fehleranalyse kann als Basis für angemessene Schutzmaßnahmen zukünftiger Pandemien dienen, um nicht erneut mit undifferenzierten Lockdown-Maßnahmen medizinische wie gesellschaftliche Verwerfungen zu riskieren.
 
Weiters muss es Ziel sein, dass Europa künftig im Bereich wichtiger Medizinprodukte und Arzneimittel sowie in der medizinischen Forschung und Entwicklung möglichst unabhängig agieren kann. Dann erst kann Europa zügig auf Gesundheitskrisen reagieren und eine hohe Qualität in der Versorgung auch in Pandemiezeiten sicherstellen.