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ÖÄK-Experte Lercher zum Welttag gegen Lärm: „Die gesundheitlichen Auswirkungen von Lärm unbedingt ernst nehmen.“
Immer mehr Menschen leiden unter Lärm. Auch „subtiler Lärm“ verursacht Krankheiten. Maßnahmen zur Förderung von Ruhe sind dringend nötig.
„Ruhe ist eine kostbare, natürliche Ressource, die für unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden unabdingbar ist“, betont Piero Lercher, Referent für Umweltmedizin in der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK), anlässlich des Internationalen Tags gegen Lärm am 30. April. Trotzdem klagen in Österreich immer mehr Menschen über Lärmbelästigung. „Entgegen eines weitverbreiteten Irrglaubens ist Lärm etwas, woran sich der Körper nicht gewöhnen kann. Vielmehr kann Lärm schwere gesundheitliche Schäden verursachen, weshalb es dringend umfassende Maßnahmen zur Lärmvermeidung braucht“, fordert der Umweltmediziner.
Ganz unabhängig von der subjektiven Wahrnehmung könne Lärm je nach Häufigkeit und Intensivität zu unterschiedlich schweren und teils gravierenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen: „Der Körper reagiert auf störende Geräusche mit der Ausschüttung von Stresshormonen, die das Nervensystem und den Hormonhaushalt negativ beeinflussen. Werden solche Stressreaktionen permanent ausgelöst, kann das zu Stimmungsveränderungen wie Depressionen und Aggression führen, aber auch zu Einschlaf- und Durchschlafstörungen, Bluthochdruck oder aufgrund des gestörten Insulinstoffwechsels auch zu Diabetes mellitus. In den schlimmsten Fällen kann Lärmbelästigung indirekt zu Herzinfarkt, Schlaganfall oder Suizid führen“, weiß Lercher.
Am Gehör würden Schäden vor allem dann eintreten, wenn man regelmäßig hohen Lärmbelastungen ausgesetzt sei. So gelte zum Beispiel in der Arbeitsmedizin, dass der Grenzwert für gehörgefährdenden Lärm von 80 Dezibel (dB) nicht überschritten werden dürfe. „Auch Hörschäden durch das Hören von zu lauter Musik mit Kopfhörern nehmen zu. Insbesondere ‚In-Ear‘-Ohrhörer können unser Gehör erheblich beeinträchtigen und zu Langzeitschäden führen.“ Internationale Studien würden belegen, dass weltweit über eine Milliarde junger Menschen einem Hörverlustrisiko durch lautes Musikhören ausgesetzt seien.
Die Auswirkungen von Lärm dürften also nicht verharmlost werden, immerhin habe eine Erhebung der Statistik Austria aus dem Jahr 2023 gezeigt, dass die Zahl der Österreicherinnen und Österreicher, die sich in ihrem Wohnbereich durch Lärm und andere Umweltauswirkungen beeinträchtigt fühlten, seit 2019 eklatant gestiegen sei. Neben Verkehrslärm und dem Lärm durch Mitmenschen dürfe auch das zunehmende Phänomen des „subtilen Lärms“ nicht bagatellisiert werden. „Darunter fallen zum Beispiel Infraschall oder Summ- und Brummtöne, die nicht von allen Menschen wahrgenommen und deswegen meist auch nicht als Lärmbelästigung empfunden werden“. Betroffene, die diese Phänomene hören, hätten einen hohen Leidensdruck, der unbedingt ernst genommen werden müsse, mahnt Lercher mehr Problembewusstsein ein.
Die Politik sei gefordert, diese Gefahren ernst zu nehmen und Maßnahmen zu setzen, um der Bevölkerung ein ruhigeres Lebensumfeld zu bieten und sie vor Lärmbelästigung zu schützen. Das würde nicht nur die Gesundheit der Menschen fördern, sondern hätte auch wichtige volkswirtschaftliche Nebeneffekte. „So würde weniger Lärm etwa die Gesundheitsausgaben für die Behandlung von Lärm-assoziierten Erkrankungen verringern, aber auch die Kosten für Lärmschutzmaßnahmen senken. Eine Diskriminierung und Ghettoisierung von sozial schwächeren Menschen in lärmbelasteten Wohngegenden könnte ebenfalls verhindert und dadurch das gesamtgesellschaftliche Zusammenleben gestärkt werden“, weist Lercher abschließend auch auf positive soziale Aspekte von Lärmverhinderung hin.