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PK Österreichs Budgetfahrplan – Worauf es jetzt im Gesundheitsbereich ankommt

Nur gezielte Strukturreformen helfen, das solidarische Gesundheitssystem auf lange Sicht abzusichern, betont ÖÄK-Präsident Johannes Steinhart.

Nach der Budgetrede des Finanzministers am vergangenen Dienstag laufen jetzt die Verhandlungen des Doppelbudgets 2025 und 2026. „Es ist erfreulich und verdient Anerkennung, dass trotz der aktuellen finanziellen Krise keine Einschnitte im Gesundheitsbudget geplant sind“, sagte Johannes Steinhart, Präsident der Österreichischen Ärztekammer, im Rahmen einer heutigen Pressekonferenz. „Das solidarische Gesundheitssystem in Österreich wird auch international zu Recht als beispielhaft angesehen“, sagte Steinhart. Dieses bewährte System wäre aber derzeit in Gefahr: „Wir brauchen Strukturreformen, die unser soziales und solidarisches System auch für die Zukunft absichern“, betonte er.

Richtigen Fokus setzen

Ein ineffizienter Umgang mit begrenzten Ressourcen sei gerade in Zeiten finanzieller Knappheit zu vermeiden. müsste beispielsweise angesichts des Defizits der Österreichischen Gesundheitskasse die Ressourcen sinnvoll eingesetzt werden – was jedoch nicht geschehe, so Steinhart.  Optimierungspotential gebe es bei den großen Ausgabeposten. Stattdessen werde die Kernaufgabe der ÖGK eingeschränkt, nämlich die medizinischen Leistungen für die Versicherten, die nur knapp 15 Prozent des ÖGK-Budgets ausmachen. „Es ist nicht damit getan, dass die ÖGK durch die Erhöhung der Versicherungsbeiträge bei Pensionisten und anderen Versicherten konsolidiert wird, wenn gleichzeitig keine echten Strukturreformen innerhalb der ÖGK umgesetzt werden“, sagte Steinhart. Damit würden die ÖGK-Funktionäre die Probleme nicht angehen: „Derzeit sind die Leidtragenden die Versicherten, die mehr Geld einzahlen, und weniger Leistungen erhalten“, kritisierte Steinhart. So werden Ärztinnen und Ärzte zum Beispiel derzeit von der ÖGK dazu angehalten, Physiotherapien kürzer und in geringerem Ausmaß zu verordnen. „Die Reduktion von Physiotherapien und MRT und CT sind medizinisch zweifelhaft, mit einem geringen finanziellen Output“, betonte Steinhart: „Statt das Risiko einzugehen, dass infolge einer nicht-bewilligten Untersuchung eine Krankheit übersehen wird, muss bei den restlichen 85 Prozent der Ausgaben angesetzt werden“, betonte er. Bis heute gebe es keine sichtbaren Einsparungen durch die Fusion der neun Gebietskrankenkassen zur heutigen ÖGK. Empfehlungen gebe es einige:
Erstellung eines Immobilienkonzeptes zur wirtschaftlichen und räumlichen Optimierung (Empfehlung des Rechnungshofs)

  • Überprüfung der ÖGK-Ambulatorien bzw. Entscheidung darüber, sie zu schließen, sofern sie nicht effizient und ohne Subventionierungen betrieben werden
  • Vermeidung weiterer Ambulatoriums-Gründungen, solange die finanzielle Schieflage nicht aufgearbeitet ist
  • Kooperation mit anderen Sozialversicherungsträgern bei IT und Immobilienmanagement

Die Sozialversicherung der Selbstständigen (SVS) habe erst kürzlich eine ausgeglichene Gebarung veröffentlicht, trotz eines „neuen österreichweit einheitlichen und modernen Ärztevertrags und einer großen Präventionsinitiative“, wie die SVS in einer Aussendung betonte. Konkret rechnet die SVS für 2024 aktuell mit einem leichten Plus von 590.000 Euro. Das Jahr 2025 wird mit einem Minus von 16,7 Mio. Euro kalkuliert. „Im Unterschied zur ÖGK wird hier aber gezielt in die medizinischen Leistungen investiert, insbesondere im Bereich der Prävention, etwa durch den Ausbau der Krebsvorsorge“, sagte Steinhart.

Optimale Reise des Patienten durch das System

Ein budgetpolitisches Ziel ist laut Budgetplan die langfristige Einsparung sowie „Effizienzsteigerungen im Gesundheitssystem“ wie eine „zielgerichtete Lenkung der Patientinnen und Patienten durch das Gesundheitssystem“. Angeführt werde dabei der Ausbau der Gesundheitsberatung 1450 sowie die Einführung eines Anreizsystems zur Einhaltung der Versorgungspfade ebenso wie die Stärkung der Telemedizin, eine gemeinsame Steuerung der Zahlungsströme und eine Strukturreform der Krankenanstalten. Diese Ziele seien grundsätzlich zu begrüßen, so Steinhart: „Es ist weder aus medizinischer noch aus wirtschaftlicher Sicht zweckmäßig, dass Patientinnen und Patienten auf Eigeninitiative beliebig Ebenen des Gesundheitssystems in Anspruch nehmen, die es möglicherweise gar nicht gebraucht hätte“, sagte er. Es sei zum Beispiel widersinnig, zuzulassen, dass Leistungen am teuersten Punkt der Gesundheitsversorgung, den Krankenhäusern, erbracht werden, wenn das auch im niedergelassenen Bereich optimal möglich wäre: „Voraussetzung dafür ist aber natürlich, dass der niedergelassene Bereich entsprechend ausgebaut wird“, führte Steinhart aus. Es seien mindestens 1.000 zusätzliche Kassenarztstellen notwendig, um die gröbsten Versorgungslücken zu schließen: „Und es braucht eine zusätzliche Flexibilisierung der Kassenverträge, entsprechend den Versorgungsnotwendigkeiten und der individuellen Lebenssituation von Ärztinnen und Ärzten“, ergänzt Steinhart.

Ärzte im System halten

Der Behandlungsbedarf steige aufgrund der höheren Lebenserwartung und des medizinischen Fortschritts, gleichzeitig würden in den kommenden zehn Jahren knapp die Hälfte der Ärztinnen und Ärzte das Pensionsalter erreichen: „In Kombination damit, dass bis zu 30 Prozent der Absolventen eines Medizinstudiums in Österreich nicht hierzulande versorgungswirksam werden, ist diese Entwicklung bedenklich“, warnte Steinhart. Um diese Abwanderungen abzufedern, müsse Österreich sowohl in den Spitälern als auch in den Kassenordinationen attraktive, international konkurrenzfähige Arbeitsbedingungen anbieten: So müsse es etwa möglich sein, dass Spitalsärzte auch als Wahlärzte arbeiten dürfen: „Wir können es uns nicht leisten, dass Ärztinnen und Ärzte Spitälern den Rücken zukehren, weil beide Arbeitsformen nicht ermöglicht werden“, sagte Steinhart. Um das solidarische Kassensystem attraktiv zu halten, müsse zudem der einheitliche Leistungskatalog endlich umgesetzt werden: „Die ärztlichen Leistungen gehörten modernisiert und endlich auch über alle Bundesländer vereinheitlicht“, betonte Steinhart: „die entsprechende Ausarbeitung der Ärztekammer liegt schon seit einigen Jahren in der Hand der ÖGK-Funktionäre und sollte mit Unterstützung der Politik umgesetzt werden“, betonte er. „Die Ärztekammer steht der Politik und den Sozialversicherungen sehr gerne als Gesprächspartnerin zur Verfügung, um die Weichen für die Zukunft unserer bewährten sozialen und solidarischen Gesundheitsversorgung gemeinsam wirksam und in positiver Weise zu stellen“, sagte Steinhart abschließend.

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Johannes Steinhart Johannes Steinhart v.l.n.r. Sophie Niedenzu, Johannes Steinhart Johannes Steinhart

Foto Credit: ÖÄK/Stefan Seelig



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