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PK Ärztestatistik 2024: Wo jetzt angesetzt werden muss

Die Analyse der aktuellen Ärztestatistik der Österreichischen Ärztekammer und die Schlussfolgerungen, die daraus zu ziehen sind, sind von immenser praktischer Bedeutung für die Zukunft der österreichischen Gesundheitsversorgung. 

„Die ärztliche Versorgung steht heute vor zumindest zwei großen Herausforderungen“, betonte Johannes Steinhart, Präsident der Österreichischen Ärztekammer, zum Beginn der Pressekonferenz zur Präsentation der aktuellen Ärztestatistik 2024. Zum einen sei das der demografische Trend: „Ein hoher Prozentsatz der Ärztinnen und Ärzte aus der Babyboomer-Generation geht in den kommenden Jahren in Pension. Gleichzeitig wächst unsere Gesellschaft, die Menschen werden älter und betreuungsintensiver.“ Zum anderen würden rund ein Drittel der Medizinerinnen und Mediziner, die in Österreich ein Studium absolvieren, hierzulande nicht versorgungswirksam. Zum Beispiel weil sie nach dem Studium in ihr Heimatland zurückkehren oder in Länder abwandern, in denen sie attraktivere Arbeitsbedingungen vorfinden. „Solchen Entwicklungen muss sich die Gesundheitspolitik unbedingt stellen, wenn die Versorgung auf einem hohen Niveau für die Zukunft abgesichert werden soll“, so Steinhart.

Kammeramtsdirektor Lukas Stärker präsentierte einen Auszug aus dem Zahlenmaterial, das in seiner Gesamtheit auf der ÖÄK-Website publiziert wurde (https://www.aerztekammer.at/daten-fakten). So umfasste die Ärzteschaft zum 31.12.2024 eine Kopfzahl von 52.005 Ärztinnen und Ärzte, ein Plus von 2,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Diese setzt sich zusammen aus 9.620 Turnusärzten, 12.882 Allgemeinmedizinern, 29.385 Fachärzten und 118 approbierten Ärzten. Von den 52.005 eingetragenen Ärztinnen und Ärzte sind 25.968 oder 49,9% Frauen, am höchsten sind die Frauenanteile in der Allgemeinmedizin mit 60,8% und unter den Turnusärzten mit 56,4%. 

„Die Alterszusammensetzung hat sich im Laufe der Zeit deutlich verändert“, führte Stärker aus. In den vergangenen zwanzig Jahren habe sich vor allem der Anteil der über 55-Jährigen beträchtlich vergrößert. Per 31.12.2024 waren 33,3 Prozent der Gesamtärzteschaft über 55 Jahre alt. „Aus den 18.189 Ärztinnen und Ärzten, die in den nächsten 10 Jahren das Pensionsalter von 65 Jahren überschreiten werden, ergibt sich ein jährlicher Nachbesetzungsbedarf von 1.818 pro Jahr, allein um eine Aufrechterhaltung des Status-quo der Kopfzahl zu gewährleisten“, erklärte Stärker. „Diese Personalvolumina müssen durch inländische Ausbildung nachbesetzt, durch Migration ergänzt und durch attraktive und konkurrenzfähige Arbeitsbedingen langfristig gehalten werden“, so der ÖÄK-Kammeramtsdirektor. 

Probleme im öffentlichen System

ÖÄK-Präsident Steinhart kommentierte diese Zahlen so: „Zunächst einmal das Offensichtlichste: Österreich hätte derzeit zahlenmäßig genügend Ärztinnen und Ärzte, um die Gesundheitsversorgung in unserem Land abzusichern. Es gibt also keinen Ärztemangel an sich, sondern einen deutlichen Mangel im öffentlichen System, sei es im Kassenbereich oder in den Krankenhäusern. Jeder von uns merkt das täglich an den hunderten offenen Kassenstellen und an den langen Wartezeiten auf Arzttermine oder Operationen.“

Dem angeführten Nachbesetzungsbedarf von bis zu über 1.900 neuen Ärztinnen und Ärzten pro Jahr, stehen österreichweit jährlich 1.756 Studienplätze für Humanmedizin (ohne Privatunis, plus 144 für Zahnmedizin) gegenüber. „Das klingt auf den ersten Blick ausreichend, wir dürfen aber nicht vergessen, dass rund ein Drittel unserer Absolventinnen und Absolventen nicht im österreichischen Gesundheitssystem versorgungswirksam werden. Diese Lücke lässt sich auch durch mehr Studienplätze nicht effektiv schließen – wir würden bloß noch mehr gut ausgebildete Ärztinnen und Ärzte an das Ausland verlieren, was bei uns beträchtliche Zusatzkosten zur Folge hätte“, so der ÖÄK-Präsident.

Dazu komme, dass der Trend zur Teilzeit höhere Kopfzahlen für die Aufrechterhaltung des Status quo bedingt. Diese veränderte Situation dürfe Österreich nicht ignorieren: Sowohl Kassenverträge als auch die Arbeitsbedingungen im Spital müssten flexibler werden, sonst werden sich immer weniger Ärztinnen und Ärzte für eine Tätigkeit im öffentlichen Gesundheitssystem interessieren und die bestehenden Lücken noch größer werden, so Steinhart, der folgende Lösungsvorschläge präsentierte:

  • Österreich muss international konkurrenzfähige Arbeitsbedingungen anbieten, will man Ärzte im Land behalten, oder für Ärzte aus anderen Ländern attraktiv sein.
  • Flexiblere Arbeitsbedingungen in Krankenhäusern und Kassenarztpraxen, um den individuellen Lebensumständen und Vorstellungen von Ärztinnen und Ärzten gerecht zu werden. Das bedeutet Teilzeitmodelle, Teil-Kassenverträge, Job-Sharing, Anstellungsmöglichkeiten, gleichzeitige Tätigkeit im öffentlichen System und im Wahlarztsystem.
  • Deutlicher Bürokratieabbau in Kassenarztpraxen und Krankenhäusern. Unser Vorschlag einer Task Force aus Vertretern der Ärzteschaft, der Politik, der Sozialversicherungen und der Krankenhaus-Träger steht nach wie vor.
  • ELGA muss mit einer brauchbaren Patient Summary ausgerüstet und Praxis-tauglich werden: Alle handlungs- und haftungsrelevanten Informationen müssen auf einen Blick für den Arzt verfügbar sein. 
  • EU-weite Quote von Mindeststudienplätzen, um Sogwirkungen zwischen den Ländern zu minimieren. 
  • Absolventinnen und Absolventen des Medizinstudiums in Österreich müssen sofort nach Abschluss des Studiums Ausbildungsstellen angeboten werden. 
  • Grundlegende Reform der Österreichischen Gesundheitskasse mit starkem Fokus auf der Aufrechterhaltung und Modernisierung der Patientenversorgung. Die ÖGK muss endlich wieder ihrer Kernaufgabe nachkommen, nämlich der Versorgung der Bevölkerung mit genügend Kassenärzten. 

Gerade zur ÖGK betonte Steinhart die Dringlichkeit: „Wir brauchen bei der ÖGK echte Strukturreformen und keine kleinlichen Diskussionen über einzelne Untersuchungen oder über Wahlärzte, die im Übrigen das System in vielen Regionen überhaupt noch am Laufen halten und die Versorgungsdefizite kompensieren, die von der ÖGK zu verantworten sind.“ Steinhart appellierte nochmals an ÖGK-Obmann Huss, seine Ankündigungen endlich in Taten umzusetzen „und mit uns wieder in konstruktive Verhandlungen zu treten, damit wir gemeinsam den niedergelassenen Bereich stärken und die Versorgung der Menschen absichern können.“

Downloads

PDF PK Unterlage
PDF Präsentationsfolien Ärztestatistik 2024
PDF Gesamte Ärztestatistik 2024

Fotos

v.l. Johannes Steinhart, Lukas Stärker Lukas Stärker Johannes Steinhart Johannes Steinhart Johannes Steinhart v.l. Johannes Steinhart, Lukas Stärker

Foto Credit: ÖÄK/Bernhard Noll


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