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null Niedergelassene Ärzte: Interessen der Bevölkerung nicht einfach ignorieren!

„Mehr Hausapotheken bedeutet: mehr Kassenärzte. Wenn der Politik die medizinische Versorgung der Bevölkerung ein ernsthaftes Anliegen ist, beschäftigt sie sich mit unserem Vorschlag“, sagt ÖÄK-Vizepräsident Edgar Wutscher.  

„Viele der bisherigen Reaktionen auf die aktuelle Studie, wonach mehr Hausapotheken mehr Kassenärzte bringen, gehen am Thema vorbei“, hält Edgar Wutscher, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer und Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte, fest. Es sei bedauerlich, dass man diesen Ansatz mit Schutzbehauptungen und vorgeschobenen Motiven abtue, anstatt die Sorgen und Probleme der ländlichen Bevölkerung ernst zu nehmen. „Niemanden scheint es zu kümmern, wenn kranke Menschen kilometerweite Wege zurücklegen müssen, um zu ihrem Medikament zu kommen – einer verantwortungsbewussten Gesundheitspolitik wäre das nicht egal“, sagt Wutscher. „Weiters ist es einfach zu simpel, wenn der Bundesminister glaubt, es gehe um höheren Verdienst. Wir Ärztinnen und Ärzte treten für die Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten ein, sowohl bei der medizinischen Versorgung, aber auch bei der sozialen Hilfe und Betreuung.“

Er erinnerte noch einmal an die Empfehlung der Bundeswettbewerbsbehörde, dass es insbesondere im ländlichen Raum aus wettbewerblichem Verständnis nicht nachvollziehbar sei, warum ein Patient mit diagnostizierter Krankheit bei möglicherweise nicht flächendeckendem öffentlichen Personennahverkehr, noch mehrere Kilometer bis zur nächsten öffentlichen Apotheke für seine notwendigen, verschreibungspflichtigen Arzneimittel zurücklegen müsse. „Aus wettbewerblicher Perspektive wäre es im Sinne der Auswahlmöglichkeit für Patienten daher auch wünschenswert, wenn die starren Regelungen hinsichtlich der vier bzw sechs Straßenkilometer zugunsten der ärztlichen Hausapotheken liberalisiert werden“, zitiert Wutscher aus dem Bericht.

„Uns allen wird das Lächeln im Gesicht noch einfrieren, wenn immer mehr Ortschaften keine Ärztinnen und Ärzte mehr finden und sich dort niemand mehr ansiedeln möchte. Die ländliche Bevölkerung wird sich sicher köstlich amüsieren, wenn die wohnortnahe Versorgung nicht mehr gegeben ist“, kommentiert Dietmar Bayer, stellvertretender Bundeskurienobmann. „Wir raten dringend dazu, die Interessen und Sorgen der ländlichen Bevölkerung nicht mit einem Lächeln und vagen Versprechungen für ein Primärversorgungszentrum drei Ortschaften weiter abzutun.“ 

„Wenn ein junger Arzt vor der Entscheidung steht, eine Kassenstelle im ländlichen Raum, in einer kleinen 1000-Seelen-Gemeinde zu übernehmen, dann kann das Thema Hausapotheke durchaus eine gewichtige Rolle spielen. Sie kann entscheiden, ob sich ein junger Mensch das wirtschaftliche Risiko zutraut oder nicht“, sagt Bayer. Mindestens ebenso wichtig sei aber die optimale Betreuung der Patientinnen und Patienten. „Es gibt kaum etwas Unbefriedigenderes als Arzt, wenn ich meinem kranken Patienten beim Hausbesuch nur ein Rezept ausstellen und ihm viel Glück bei der Suche nach der nächsten Apotheke wünschen kann.“ Diese Motivlage könne man als Interessensvertretung der Ärzteschaft am besten beurteilen, unterstreicht Bayer: „Die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, mit denen wir in den vergangenen Jahren und Monaten ebenfalls verstärkt in Kontakt getreten sind, können die Wichtigkeit einer Hausapotheke ebenfalls unterstreichen – sie kann den Unterschied machen, ob sich ein Arzt in der Gemeinde ansiedelt oder er in die Nachbargemeinde geht.“ 

Alle, die sich Sorgen machen, dass Ärztinnen und Ärzte dann mehr Medikamente als nötig abgeben würden, seien daran erinnert, dass es im österreichischen Kassensystem die Pflicht zur ökonomischen Verschreibung gibt, hält Silvester Hutgrabner, Leiter des Referates für Hausapotheken und Medikamentenangelegenheiten in der Österreichischen Ärztekammer, fest. „Alle bisherigen Untersuchungen haben keinen Unterschied im Verschreibungsverhalten bei Allgemeinmedizinern mit und ohne Hausapotheke gefunden.“

Es sei zudem natürlich richtig, dass von Lieferengpässen bei Medikamenten natürlich ärztliche Hausapotheken genauso wie öffentliche Apotheken betroffen seien. „Allerdings haben hier Ärztinnen und Ärzte mit Hausapotheke den großen Vorteil, dass sie gegebenenfalls sofort auf andere verfügbare Präparate ausweichen können“, so Hutgrabner. Zudem könnten Landärztinnen und Landärzte, die ihre Patientinnen und Patienten und ihre Bedürfnisse bestens kennen, schon in gewissem Maße vorausschauend Medikamente besorgen.

„Die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte und die Bevölkerung haben es verdient, dass man sie ernst nimmt. Treten Sie mit uns in den Dialog, fixieren wir die avisierten Termine zu diesem Thema“, appellierte Wutscher abschließend an Gesundheitsminister Johannes Rauch.

 


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ÖÄZ 8 | 25.04.2024

Medikamentenversorgung