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PK „Patient Gesundheitssystem“: Ärztekammer mit Behandlungsplan für Sozialversicherungssystem

Die massiven Herausforderungen im Gesundheitssystem müssen endlich entsprechend behandelt werden. ÖÄK legt Angebot an die Kasse auf den Tisch.

Der Befund des „Patienten Gesundheitssystem“ klingt alles andere als ermutigend“, sagte Johannes Steinhart, Präsident der Österreichischen Ärztekammer und Präsident der Kammer für Ärztinnen und Ärzte in Wien, zum Auftakt der Pressekonferenz. „Das Kassensystem steckt in einer Finanzierungskrise. Es gibt zu wenig Ärztinnen und Ärzte im solidarisch finanzierten Gesundheitsbereich. Die Menschen leben mit überbordenden Wartezeiten in den Ordinationen und bei OP-Terminen. Und jetzt gibt es in Kärnten erste Warnstreiks von Ärztinnen und Ärzten, und wir können nicht ausschließen, dass sich diese auch auf andere Teile Österreichs ausweiten“, so Steinhart.

Es müsse also rasch und wirksam gegengesteuert werden. „Die Ärztekammer kann und will dabei auch weiterhin ein Teil der Lösung sein“, unterstrich Steinhart. Beispielsweise habe die Ärztekammer bei der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen (SVS) und der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau (BVAEB) bewiesen, dass man mit der Ärztekammer problemlos österreichweite einheitliche Verträge abschließen kann. „Ein weiteres Beispiel für unsere Kooperationsbereitschaft und Lösungskompetenz ist der moderne einheitliche Leistungskatalog, den wir in einem sehr aufwändigen Verfahren für alle medizinischen Fächer erarbeitet und vor bereits fünf Jahren vorgestellt haben: der ÖGK, mehreren Gesundheitsministerinnen und -ministern und über die Medien der breiten Öffentlichkeit. Geschehen ist damit seither rein gar nichts“, sagte Steinhart, der auch einige Punkte im jüngst kolportierten Rohbericht des Rechnungshofes zur niedergelassenen Versorgung in Österreich in den richtigen Zusammenhang setzte.

„Einige Schlagzeilen der vergangenen Woche bilden die Realität nicht korrekt ab“, unterstrich Steinhart. Vor allem die angeführte Honorarsteigerung bei Kassenärztinnen und -ärzten sei irreführend. „Ärztliche Honorare ergeben sich aus der Anzahl einer erbrachten Leistung multipliziert mit dem von der Krankenkasse für diese Einzelleistung bezahlten Tarif“, erklärte Steinhart. Die Tarife seien dabei deutlich unter der Inflation geblieben – Steinhart brachte ein Beispiel aus Wien: „Seit 2022 sind die Preise in Österreich um 24 Prozent gestiegen, die Kassentarife für Allgemeinmediziner allerdings nur um 13 Prozent.“ Daher seien Zuwächse bei ärztlichen Honoraren vor allem auf massive Leistungs- und Frequenzsteigerungen zurückzuführen. „In den vergangenen fünf Jahren gab es bei den E-Card-Steckungen einen 25-prozentigen Anstieg auf mittlerweile knapp 143 Millionen Steckungen im Jahr 2024“, hielt Steinhart fest. „Also jedes Einnahmenplus über die Inflation hinaus haben sich die Ärztinnen und Ärzte selbst erarbeitet“, konstatierte Steinhart. „Ein Alleingang der Kassen bei der Erarbeitung eines Gesamtvertrages ohne Mitwirkung der Ärztekammer wäre ein bisher nicht dagewesenes sozialpartnerschaftliches und demokratiepolitisches Unding“, so Steinhart.

„Erfolg gibt uns recht“

Trotz der aktuellen Krise der Österreichischen Gesundheitskasse schauen die Ärztinnen und Ärzte in unserem Land darauf, dass das „Werkl“ läuft, dass Patientinnen und Patienten die bestmögliche Behandlung bekommen, unterstrich Edgar Wutscher, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer und Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte. Darüber hinaus treibe auch die Ärztekammer die Entwicklung des Gesundheitssystems unermüdlich voran. „Aus persönlicher Erfahrung kann ich bezeugen, welch riesige Arbeit der einheitliche Leistungskatalog war, den wir der ÖGK schon 2020 quasi in die Wiege gelegt haben“, sagte Wutscher und betonte: „In diesem Katalog sind auch 200 neue Leistungen enthalten, denn wir wollten die Kataloge nicht nur zusammenführen, sondern auch modernisieren – zum Wohle unserer Patientinnen und Patienten.“ Auch bei der Zusammenlegung der SVS und der BVAEB habe man sich als Partner mit Handschlagqualität bewiesen und ohne große Streitigkeiten jeweils österreichweite Gesamtverträge ausgehandelt. „Blockierer sehen anders aus“, hielt Wutscher fest. Es spricht nichts dagegen, auch mit der ÖGK einen gemeinsamen Fahrplan zu vereinbaren, mit dem wir die Honorare stufenweise und einen Zeitraum von mehreren Jahren österreichweit anpassen, um die Kasse nicht zu überlasten. „Wenn die ÖGK dazu bereit ist, setzen wir das gerne gemeinsam um“, schlägt Wutscher vor. 

Es müsse der im Regierungsprogramm festgehaltene Ausbau des niedergelassenen Bereichs umgesetzt werden. „Aber anstatt das zu tun, was gepredigt wird, geschieht das Gegenteil. Es gibt keine Verträge, die Ärzte flüchten, jetzt hat man auch noch begonnen, die Wahlärzte, eine ganz wichtige Säule in unserer Gesundheitsversorgung, zu knebeln“, so Wutscher.  

„Die Sozialversicherung bietet ein Produkt an, das niemand mehr in der aktuellen Form haben will. Immer mehr Patienten versichern sich privat. Immer weniger Ärztinnen und Ärzte – also die Leistungserbringer – streben einen Kassenvertrag an. Und es kocht bei allen Leistungserbringern in den Bundesländern“, sagte Dietmar Bayer, Obmann-Stellvertreter der Bundeskurie niedergelassene Ärzte: „Das Produkt ist eigentlich kaputt, entweder man nimmt es vom Markt oder man saniert es – das ist bei 900 Millionen Euro Defizit wohl dringend nötig.“ Dabei dürfe man sich nicht von der jüngsten Gebarungsvorschau der ÖGK blenden lassen, die das Minus „nur“ noch mit 550 Millionen ausweist. „Für diesen Rückgang muss sich die Kasse bei den Pensionistinnen und Pensionisten bedanken, die ihr mit höheren Beiträgen vielleicht etwas Luft verschafft haben. „Aber an der ÖGK-Struktur hat sich nichts geändert“, kritisierte Bayer. Daher könnte die nächste Gebarungsvorschau schnell wieder ein größeres Minus ausweisen. „Wir Ärztinnen und Ärzte stehen an der Seite unserer Patientinnen und Patienten – wenn wir nicht aufschreien, ist zu befürchten, dass sich die ÖGK lieber auf dem Rücken der Patientinnen und Patienten saniert und Leistungen kürzt, anstatt endlich die möglichen Synergieeffekte der Fusion zu nutzen“, äußerte Bayer volles Verständnis für die aktuellen Protestmaßnahmen in Kärnten. „Vor einigen Jahren hieß es noch ‚Koste es, was es wolle‘ – jetzt kann sich Österreich kaum noch die Grundversorgung leisten“, konstatierte Bayer. Die Gesundheitskasse müsse sich wieder auf ihre Kernaufgabe besinnen: die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichend Kassenärzten. 

Ausgestreckte Hand

„Jetzt ist es nach meiner tiefsten Überzeugung unsere gemeinsame Aufgabe, von ÖGK über Ministerium bis Ärztekammern, an einem Strang in die gleiche Richtung zu ziehen und unser soziales und solidarisches Gesundheitssystem zu retten“, fasste ÖÄK-Präsident Steinhart zusammen. Der konkrete Vorschlag an die Kasse liegt auf dem Tisch: „Beenden wir die aktuellen Verhandlungen erfolgreich und schließen die Verträge ab. Dann setzen wir den einheitlichen Leistungskatalog um und vereinbaren wir wie bei BVAEB und SVS einen Fahrplan, in dem die Honorare per Aufholeffekt graduell angepasst werden, um die Kasse nicht zu überlasten. Wir arbeiten sehr gerne auch weiterhin konstruktiv an einer guten Lösung mit.“

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v.l. Edgar Wutscher, Johannes Steinhart, Dietmar Bayer Johannes Steinhart Johannes Steinhart Edgar Wutscher Edgar Wutscher Dietmar Bayer Dietmar Bayer v.l. Dietmar Bayer, Johannes Steinhart, Edgar Wutscher

Foto Credit: ÖÄK/Stefan Seelig


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